Gigantische Klimaschutzpläne – und große Zweifel: Wie Milliarden für Aufforstung in Brasilien zur Täuschung werden könnten

Es soll das wohl ambitionierteste Klimaschutzprogramm unserer Zeit werden: Mit Milliardenbeträgen möchte die Weltbank die globale Erderwärmung bremsen. Die Gelder sollen an internationale Konzerne fließen, die durch Aufforstungsprojekte ihre schädlichen Emissionen ausgleichen. Vorgestellt werden soll das Programm auf der Weltklimakonferenz COP 30 in Brasilien – mitten im Herzen der tropischen Regenwälder, in Belem am Amazonas.

Wie Milliarden für Aufforstung in Brasilien zur Täuschung werden könnten

Ein starker symbolischer Ort, ein großes Versprechen: Die „grüne Lunge“ des Planeten schützen. Massive Investitionen, internationale Zertifizierungen und umfassende Kontrollen sollen sicherstellen, dass das Geld tatsächlich dem Klima zugutekommt – im Einklang mit Natur und Mensch. Ein globales Vorzeigeprojekt, heißt es. Und auch Deutschland plant einzusteigen.

Doch Zweifel werden laut.

Zwischen Umweltschutz und Profitinteresse – Wem dient das Milliardenprogramm wirklich?

Der investigative Filmemacher Daniel Harrich geht dieser Frage nach. Für seine Doku VERSCHOLLEN, die parallel auch als Fernsehfilm entstand, will er herausfinden, ob die Aufforstungsprogramme tatsächlich nachhaltigen Klimaschutz leisten – oder ob sie vor allem ein gigantisches Wirtschaftsförderungsmodell darstellen.

Gemeinsam mit Prof. Klemens Laschewski von der Universität Heidelberg reist Harrich in die Regenwälder des Nordens Brasiliens. Laschewski erforscht seit Jahren Konflikte zwischen Unternehmen und lokalen Communities. Sein Verdacht: Um neue Baumplantagen anzulegen und damit CO₂-Zertifikate zu generieren, könnten Unternehmen Menschenrechte verletzen.

Vor Ort: Alarmierende Berichte aus Gemeinden im Cerrado

Im Bundesstaat Minas Gerais soll das einzigartige Ökosystem des Cerrado wieder aufgeforstet werden. So versprechen es die Projektunterlagen.

Doch vor Ort zeigt sich ein ganz anderes Bild:

  • Bewohner berichten von Landenteignungen und Vertreibungen.
  • „Aufforstung“ bedeutet vielerorts Monokultur-Plantagen, keine Wiederherstellung des natürlichen Waldes.
  • Wasserressourcen sollen übernutzt worden sein.
  • Lokale Gemeinden berichten von Eingriffen, die ihre Existenz bedrohen.

Harrich und Laschewski gehen diesen Vorwürfen nach – oft unter gefährlichen Bedingungen.

Der zweite Verdacht: Ein globales Greenwashing in Milliardenhöhe

Neben den Berichten der Gemeinden gibt es eine weitere kritische Frage: Wie klimawirksam sind die neuen Baumplantagen wirklich?

Um das zu überprüfen, begleitet Harrich ein deutsches Forschungsteam auf einer Expedition durch den Cerrado. Mit Macheten und Messgeräten kämpfen sich die Wissenschaftler durch dichte Vegetation – um endlich verlässliche Daten über die CO₂-Speicherkapazität zu sammeln.

Zum ersten Mal sollen Daten vorliegen, die einen Vergleich der Klimabilanz vor und nach den Maßnahmen ermöglichen.
Davon hängt ab, ob das milliardenschwere Weltbank-Modell tatsächlich wirkt – oder ob es sich um ein globales Ablenkungsmanöver handelt.

Unsere Konsequenz: Trennung von Tree-Nation

Die Erkenntnisse aus dieser Reportage sowie der begleitende Fernsehfilm haben uns zum Nachdenken gebracht. Zu viele Fragen bleiben offen, zu viele Hinweise deuten darauf hin, dass Zertifizierungssysteme und Aufforstungsmodelle in ihrer aktuellen Form schwere ökologische und soziale Probleme verursachen können.

Deshalb haben wir beschlossen:

Wir werden an solchen Programmen vorerst nicht mehr teilnehmen und haben uns aktiv von Tree-Nation getrennt - Es tut uns auch leid. Wir wussten es einfach nicht besser!

Der Wald, der durch unsere bisherigen Beiträge entstanden ist, bleibt selbstverständlich erhalten. Doch wir werden dieses Modell nicht weiter unterstützen, solange zentrale Fragen zu Transparenz, Klimawirkung und Menschenrechten nicht eindeutig geklärt sind.

Fazit: Echter Klimaschutz braucht Ehrlichkeit, Transparenz und die Stimmen der Menschen vor Ort

Aufforstung kann ein starkes Werkzeug gegen die Klimakrise sein. Aber nur dann, wenn sie nachhaltig, wissenschaftlich überprüfbar und sozial gerecht umgesetzt wird.

Die Doku VERSCHOLLEN zeigt eindrucksvoll, wie wichtig kritische Recherche ist – und wie gefährlich es ist, wenn Klimaschutz zur Marketingkulisse wird.

Wir werden weiterhin Verantwortung übernehmen – aber nicht um jeden Preis.

Weiterführende Links

Wir hinterlegen im Anschluss die Links zur Reportage und zum Fernsehfilm, damit sich jede*r selbst ein Bild machen kann.

Zwischen Umweltschutz und Profitinteresse – Wem dient das Milliardenprogramm wirklich? - Jetzt mehr  erfahren als Fernsehfilm und Reportage in der ARD Mediathek
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